crossover books

Die Vision

›Cros­so­ver‹ be­deu­tet in sei­ner ein­fach­sten Wei­se ›Kreu­zung‹, hat aber im Zu­sam­men­hang mit an­de­ren Wör­tern wei­trei­chen­de­re Be­deu­tung wie Über­gangs­fre­quenz oder Fre­quen­zwei­che. Cros­so­ver wird auch im Zu­sam­men­hang mit meh­re­ren Gen­res in ei­nem Buch ge­se­hen. Kur­zum geht es bei dem Be­griff um Über­gang und Ver­bin­dung.

Selbst je­der, der ab­so­lut nichts mit Eso­te­rik am Hut hat, kann nicht ab­strei­ten, dass wir in ei­ner Zeit des Wan­dels le­ben. Auch wenn es nicht so aus­se­hen mag, denkt man an die men­schen­ver­ach­ten­de Poli­tik der Groß­mäch­te, so sind doch die wirk­lich dunk­len Zeiten vor­bei. Wä­re es noch vor fünf­zig Jah­ren denk­bar ge­we­sen, dass Mob­bin­gop­fer psy­cho­lo­gi­sche Be­treu­ung be­kom­men? Da­mals war über­haupt erst der Be­griff ge­bo­ren wor­den. Oder dass ›Kin­der mit As­sis­tenz­be­darf‹, wie es heu­te heißt, in nor­ma­le Schul­klas­sen in­te­griert wur­den? Si­cher nicht, son­dern sie fri­ste­ten oft ein trau­ri­ges Da­sein als Dorf­trot­tel. ›Be­wusst­heit‹ ist ein aus der heu­ti­gen Zeit nicht mehr weg­zu­den­ken­der Be­griff.

Der Wan­del ist eben­so tech­nisch sehr ein­dru­cksvoll und macht auch vor der Buch- und Ver­lags­land­schaft nicht halt. Di­gi­ta­le Me­dien sind heu­te ein Teil un­se­res Lebens, vor zehn Jah­ren war das noch nicht so. Vor tat­säch­lich zehn Jah­ren!

Noch vor hun­dert Jah­ren war es durch­aus üb­lich, dass Kin­der – par­don, Söh­ne – dem Be­ruf ih­res Vaters folg­ten und Ehen nicht sel­ten ar­ran­giert wur­den. Kein Ge­dan­ke an die, zwar oft theo­re­ti­sche, aber doch Frei­heit der Ent­schei­dung und Mög­lich­kei­ten der heu­ti­gen Zeit.

Die­ser Ar­ti­kel soll kei­ne phi­lo­so­phi­sche Ab­hand­lung wer­den. Ich möch­te nur zwei und zwei zu­sam­men­zäh­len: Wir le­ben in ei­ner Welt mit zu­neh­men­dem Be­wusst­sein (auch wenn die Mög­lich­keit viele nicht wahr­neh­men). Wir ha­ben grö­ße­re Frei­hei­ten als frü­her (auch wenn das man­che nicht so emp­fin­den mö­gen). Liegt es da nicht na­he, dass auch der Buch­markt in ei­ne neue Rich­tung geht?

Es ist un­üb­lich, im Gro­ßen zu den­ken. Das soll aber nicht da­ran hin­dern, es trotz­dem zu tun. Immer mehr Men­schen ha­ben das Be­dürf­nis, ih­ren Ge­schich­ten die Frei­heit zu schen­ken. Die al­ten Struk­tu­ren der Ver­la­ge kön­nen da­mit nicht mit­hal­ten, es ent­ste­hen Staus, wo­durch Auto­ren oft nach ei­nem hal­ben Jahr nicht ein­mal ei­ne Ab­sa­ge er­hal­ten. Sie sind ge­zwun­gen, Bü­cher selbst her­aus­zu­ge­ben. Bei dem Le­se­ver­gnü­gen für die Mas­se, dem Mains­tre­am, funk­tio­niert das auch gut. Aller­dings na­tür­lich nur auf dem eBook­sek­tor, der nicht durch das Na­del­öhr der Ver­la­ge muss.

Da­mit ge­schieht aber et­was Be­denk­li­ches: So, wie sich die Sche­re zwi­schen Reich­tum und Ar­mut zu­neh­mend öff­net, klafft auch die kul­tu­rel­le Sche­re immer weiter aus­ein­an­der: hier kri­tik­los kon­su­mie­ren­der Mains­tre­am in zu­neh­men­dem Maß, von den mei­sten Ver­la­gen na­tür­lich auf dem Print­sek­tor ge­för­dert. Denn die Mas­se bringt schließ­lich das Geld. Dann gibt es ei­ne klei­ne eli­tä­re Grup­pe der so­ge­nann­ten Kultur, ein paar Leu­te, die schwer Ver­ständ­li­ches schrei­ben und die di­ver­sen Li­te­ra­tur­prei­se un­ter sich auf­tei­len. Die­se ›Li­te­ra­tur‹ wird dann mit gro­ßem Wer­be­auf­wand ins Volk ge­presst – das aber da­mit ver­ständ­li­cher­wei­se nicht viel an­fan­gen kann. Denn wer will sich schon mit kryp­ti­schen li­te­ra­ri­schen Ge­dan­ken­ex­pe­ri­men­ten aus­ein­an­der­set­zen? Und da­zwi­schen? Es gibt immer we­ni­ger Bü­cher, die ver­ständ­lich, aber nicht ge­wöhn­lich sind, be­rüh­rend, aber nicht kit­schig, in die Tie­fe ge­hen, aber ver­ständ­lich.

Sol­che Li­te­ra­tur, nach der sich viele seh­nen, hat aber in der ge­winn­orien­tier­ten Ver­lags­welt kei­nen Platz – denn vor al­lem sind gro­ße Ver­la­ge sehr sel­ten Kultur­för­de­rer, son­dern öko­no­misch orien­tier­te Un­ter­neh­men wie alle an­de­ren. Die­se Art von Li­te­ra­tur hat näm­lich kei­nen ge­winn­be­deut­sa­men Stel­len­wert. Das Fa­zit: Wir trei­ben in ein kul­tu­rel­les Vakuum zwi­schen ro­sa­ro­ten Marsh­mal­lows und un­ver­dau­li­chen Stei­nen. Selbst wenn wir da­bei nicht ver­hun­gern, so wer­den wir doch krank. Nicht um­sonst gibt es den Be­griff ›geis­ti­ge Nah­rung‹.

Hier setzt cros­so­ver books an. Wir wol­len ge­nau die­ser Li­te­ra­tur ei­ne Chan­ce ge­ben, ein klei­nes Grund­stück mit frucht­ba­rer Er­de auf­tun, wo wie­der Kultur wach­sen kann, die ver­ständ­lich ist, herz­er­wär­mend und trotz­dem niveau­voll, un­ter­hal­tend aber nicht flach.